Familienpolitik aus christlich-sozialer Sicht
Beitrag von Winfried Schlotter, Februar 2004
Definition des Begriffes Familie
Die Familie (lat. ursprünglich die Hausgemeinschaft) ist lt. Brockhaus die (Lebens)-Gemeinschaft der Eltern (meist als Ehepartner) und ihrer unselbständigen Kinder, i.w.S. auch einschließlich der Verwandtschaft. In älterer Zeit, v.a. im ländlichen Bereich, besonders in Mitteleuropa, bezeichnete man als Familie auch die Hausgenossenschaft einschließlich des ledigen Gesindes.
Nach christlich-katholischer Auffassung bilden ein Mann und eine Frau, die miteinander verheiratet sind, zusammen mit ihren Kindern eine Familie. Diese Gemeinschaft geht jeder Anerkennung durch die öffentliche Autorität voraus; sie ist ihr vorgegeben. Die Familie ist die Urzelle des gesellschaftlichen Lebens. Sie ist die natürliche Gemeinschaft, in der Mann und Frau zur Hingabe der Liebe und zur Weitergabe des Lebens berufen sind. Die Familie ist die Gemeinschaft, in der man von Kind auf lernen kann, die sittlichen Werte zu achten. (Katechismus der katholischen Kirche)
Die Ideen- und Gesellschaftsgeschichte der Familie
Die jüdisch-christliche Tradition der Ehe- und Familien-Auffassung ist keineswegs einheitlich oder von Anfang an voll ausgebildet. So finden sich im A.T. keine strengen Monogamievorschriften, sondern nur Hinweise auf eine entsprechende Tendenz. Christus nahm Stellung zur Ehe und forderte ihre Unauflöslichkeit. Die theologische Reflexion über Ehe und Familie geht im Wesentlichen von Paulus aus. Zur Zeit der Reformation kam es besonders in Deutschland durch Leben und Werk M. Luthers zu einer breiteren Durchsetzung des christlichen Ehe- und Familien-Ideals als „christliche Hausgemeinschaft" mit starken Auswirkungen auf die Arbeits- und Berufsauffassung. In der christlichen Familienauffassung liegen wichtige Wurzeln des christlich-abendländlichen Kultur- und Zivilisationsprozesses, die weit über den Bereich der Familie hinaus von Bedeutung waren und erst in der Gegenwart mehr und mehr an Einfluss verlieren.
Die sich seit dem 18. Jh. durchsetzende bürgerlichen Familie verdrängte mehr und mehr die christliche Haushaltsfamilie, und es setzte die Entwicklung zur Kleinfamilie ein. In der bürgerlichen Familie kam es zu einer Differenzierung von außerhäuslicher Erwerbsarbeit und Hausarbeit und durch die außerhäusliche Ausbildung der Kinder und Jugendlichen zu einer eigenständigen, teils von der Familie abgekoppelten Kinder- und Jugendsphäre. Idee und Gestalt der bürgerlichen Familie, in Verbindung mit einer spezifischen Eigentumsordnung, wurden zum Eckpfeiler der bürgerlichen Gesellschaft.
Die im 19. Jh. beginnende Industrialisierung brachte neue Familien- und Haushaltstypen hervor, von denen die Industriellenfamilie und die proletarische Familie die wichtigsten sind. Die proletarische Familie wurde bevölkerungsstatistisch zur größten Sozialgruppe, bei der alle arbeitsfähigen Familienmitglieder in außerhäuslicher, abhängiger Beschäftigung waren. Die soziale Verelendung dieser Gruppe bildete eine Hauptursache zur Forderung nach revolutionärer Umgestaltung der Gesellschaft. Kommunisten und Sozialisten forderten die Zerschlagung der bürgerlichen Familie, um die Emanzipation der Frau und die proletarische Erziehung der Kinder durchzusetzen sowie den Einfluss von Kirche und Religion zu brechen.
In den westlichen Gesellschaften, in denen die bürgerliche Familie zum Leitbild in allen Gesellschaftsschichten wurde, haben sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges fundamentale Wandlungen ergeben. Die Technisierung der Haushalte erleichterte die Hausarbeit und schaffte zum Teil die Voraussetzung für die Berufstätigkeit beider Ehepartner. In der Folge reduzierte sich die Zahl der Kinder erheblich, was ebenso wie die Änderung der Wohnverhältnisse, die verlängerte Schul- und Ausbildungszeiten der Kinder sowie die Innovationen der Medien- und Freizeitkultur das Familienleben stark beeinflusste.
Aus den Daten der Bevölkerungs- und Familienstatistik sind folgende Trends zu erkennen:
Deutlich zugenommen haben das Heiratsalter, die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften, auch mit Kindern, die Zahl nichtehelicher Geburten (1970 5,4%, 1985 10% aller Geburten), die Zahl alleinerziehender Mütter und Väter, die Zahl der Scheidungen, auch bei Familien mit Kindern, die Zahl erwerbstätiger Mütter mit Kindern unter 15 Jahren (Verdopplung von 1950 bis 1980). Stark rückläufig ist seit Mitte der 60er Jahre die Kinderzahl pro Ehe bzw. Familie und die Zahl der Ehen, die überhaupt Kinder haben. Deutschland liegt dabei mit einer Geburtenrate von derzeit 1,4 Kindern pro Frau an der unteren Skala aller europäischen Länder.
Der Wandel der Familie erfolgt weitgehend unabhängig von den politischen und ideologischen Systemen; ausschlaggebend sind die Lebensbedingungen und Entwicklungsgesetzlichkeiten fortgeschrittener Industriegesellschaften. In allen diesen Gesellschaften wächst die Zahl der Familien, in denen Mann und Frau ökonomisch unabhängig voneinander sind oder diese Unabhängigkeit anstreben.
Familienleitbild aus christlich-sozialer Sicht
Ausgehend von den heutigen Gegebenheiten stellt sich die Frage, welches Familienleitbild entspricht unter den derzeitigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen christlichen Grundsätzen, ohne dabei das „Soll" aus dem „Ist" ableiten zu wollen.
Unverzichtbar aus christlicher Sicht sind Ehe und Familie an sich. Die Paarbeziehung zwischen Mann und Frau, die Weitergabe des menschlichen Lebens, die verantwortliche Elternschaft mit der Aufgabe der Aufzucht und Erziehung der Kinder sind grundgelegte biologische Gesetzlichkeiten, deren Missachtung schwerwiegende negative Konsequenzen mit sich bringt. Adolph Kolping, ein sozial engagierter Christ und Anwalt der Familie, drückte es so aus: „Das Schicksal der Familie ist über kurz oder lang das Schicksal des Landes." Das heißt, dass dort, wo Ehe und Familie ihrer natürlichen Aufgabe nicht mehr gerecht werden, muss auch mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft gerechnet werden. Nicht zuletzt deshalb haben die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes den besonderen Schutz von Ehe und Familie gesetzlich verankert.
Christliche Ehe und Familie bedeutet darüber hinaus, dass in der Verbindung mit Gott die beste Voraussetzung für das Gelingen von Ehe und Familie gegeben ist. Christliche Ehe und Familie ist eine auf Dauer angelegte Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft von Frau und Mann mit ihren Kindern. Ehe und Familie sind dem gemäß die Lebensformen, die den menschlichen Bedürfnissen nach Liebe, Geborgenheit und Halt in besonderer Weise entsprechen. In der christlichen Familie nimmt der Schutz und die Würde des menschlichen Lebens, insbesondere das ungeborener, kranker, behinderter und alter Menschen einen besonderen Stellenwert ein. Christliche Ehe und Familie sollen Lernorte des Glaubens, der Wertevermittlung, der Kultur und der Solidarität sein.
Dass Ehe und Familie unter den heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen diesem Idealbild meist nicht mehr gerecht werden bzw. gerecht werden können, heißt nicht, dass dieses Leitbild in Frage zu stellen ist. Wenn wir davon ausgehen, dass der Wert von Ehe und Familie höher einzuschätzen ist als vieles, was zu deren Beeinträchtigung geführt hat, so ist es folgerichtig zunächst zu prüfen, inwieweit die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen familienfreundlicher gestaltet werden können.
Familienpolitische Maßnahmenfelder aus christlich-sozialer Sicht
Um gesellschaftspolitische Maßnahmen zu benennen, die zum Schutz und zur Stärkung von Ehe und Familie notwendig sind, müssen zunächst einmal die Hauptursachen identifiziert werden, die zur Schwächung und Zerstörung von Ehe und Familie beitragen.
Da ist an oberster Stelle die Berufs- und Konsumorientierung zu nennen, die zunehmend mit der Familienorientierung konkurriert. Sowohl das Karrieredenken als auch die Aussicht auf doppeltes Einkommen, verbunden mit dem Wunsch nach finanzieller und individueller Unabhängigkeit, tragen dazu bei, dass sich immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft gegen Ehe und Familie und gegen Kinder entscheiden.
Bestehende Ehen und Familien sind in ihrem Zusammenhalt durch berufliche Trennung, unterschiedliche berufliche Interessen der Ehepartner und insbesondere auch durch das Aufbrechen von Tabus wie eheliche Treue, Erleichterung der Ehescheidung, oft ohne Rücksicht auf die Kinder, zunehmend bedroht.
Die negativen Folgen sind unübersehbar: Immer weniger junge Menschen sollen die sozialen Lasten einer alternden und aufgrund der modernen Medizin auch immer älter werdenden Gesellschaft tragen. Bei der derzeitigen Geburtenrate wird sich bis 2050 in Deutschland die Zahl der Neugeborenen um ca. 40% reduzieren, während die Zahl der alten Menschen (60 Jahre und älter) im gleichen Zeitraum um ca.15% zunehmen wird. Um die Altersstruktur in Deutschland auf heutigem Niveau zu halten, müsste die Geburtenrate auf 3,8 Kinder pro Frau steigen – die Anzahl der gebärfähigen Frauen ist heute wesentlich geringer als vor Jahren – oder es müssten sehr viele junge Menschen nach Deutschland einwandern. Nach Berechnungen der UNO wäre eine Netto-Einwanderung von knapp 4 Millionen Menschen pro Jahr erforderlich.
Aber auch für den einzelnen Menschen selbst, der nicht mehr den Schutz und die Geborgenheit der Familie erfahren darf, ergeben sich unmittelbare und nachhaltige Probleme. Seelische und körperliche Gesundheit hängen wesentlich mit den Erfahrungen von persönlicher Zuwendung und Solidarität im Raum von Familie zusammen. Der Verlust an Familie bedeutet für den jungen Menschen oft Halt- und Orientierungslosigkeit und damit Gefährdung durch die vielfältigen negativen Einflüsse einer überwiegend profitorientierten Gesellschaft. Für den alten und kranken Menschen sind Vereinsamung, Abgeschobenwerden und Verlust an Sinnerfüllung die Folge.
Der Staat kann zwar verbesserte Rahmenbedingungen für Ehe und Familie schaffen und durch soziale Einrichtungen die Familie in ihren Aufgaben entlasten, kann aber letztlich deren Funktionen nicht übernehmen. Wenn der Staat glaubt durch „die Lufthoheit über den Kinderbetten" (SPD-Generalsekretär Scholz) die aufgezeigten Probleme lösen zu können, so ist das ein Rückfall in sozialistische Utopien, die davon ausgingen, dass bis auf Zeugungsakt und Geburt alle ehe- und familienspezifischen Aufgaben durch den Staat bzw. die Gesellschaft übernommen werden könnten, womit vor allem die Frau von ihren häuslich-familiären Verpflichtungen entbunden und für wichtigere gesellschaftliche Aufgaben freigestellt werden sollte. Hierbei wird zum einen die Natur des Menschen, dessen Interessen sehr viel stärker privater als gesellschaftlicher Natur sind, verkannt, zum anderen wird die Fähigkeit des Staates in Bezug auf die Sicherung der individuellen Bedürfnisse des Menschen völlig überschätzt. Ein grundlegender Irrtum besteht auch darin, dass die sogenannten „gesellschaftlichen Aufgaben" (gemeint sind die einen Lohnanspruch begründenden Tätigkeiten unserer Produktions- und Dienstleistungsgesellschaft) für die Gesellschaft wichtiger sind als die nicht entlohnten familiären Aufgaben. Angesichts der inzwischen erkennbaren Probleme für unsere individuelle wie auch staatliche Zukunft hat erfreulicherweise zumindest in Teilen unserer Gesellschaft diesbezüglich ein Umdenken eingesetzt.
Wie aber können die aufgezeigten Probleme beseitigt oder zumindest soweit entschärft werden, dass für die Zukunft nicht mit katastrophalen Folgen für unsere Gesellschaft und damit auch für den Einzelnen gerechnet werden muss?
Zunächst einmal muss das Bewusstsein über die Bedeutung der Familie und ihrer Wertschöpfung für den Staat und jeden von uns Allgemeingut werden. Es darf nicht sein, dass die Weitergabe von menschlichem Leben und allem, was dem Menschen von seiner Geburt an bis zu seinem Erwachsenwerden in Fülle an Zuwendung und Vermittlung von Fähigkeiten und Werten innerhalb der Familie mitgegeben wird, geringer eingeschätzt wird als die außerhäusliche berufliche Tätigkeit. Ähnlich hoch einzustufen ist auch die familiäre Betreuung und Pflege von kranken, behinderten, alten und hilfsbedürftigen Familienangehörigen. Wenn auch Letzteres prinzipiell durch soziale Einrichtungen des Staates abgedeckt werden kann, so wird dies doch in keiner Weise dem Bedürfnis des Menschen nach Liebe, Zuwendung und Geborgenheit im persönlichen häuslichen und familiären Umfeld, möglichst auch in der letzten Phase seines Lebens, gerecht.
Die Einsicht in die Bedeutung der Familie für den Einzelnen und die Gesellschaft allein reicht jedoch nicht aus, um die notwendige Trendwende herbeizuführen. Familie muss konkurrenzfähig werden gegenüber den gesellschaftlichen Strömungen, die teils aus ideologischer Sicht, mehr jedoch noch aus ökonomischen Gründen, die Menschen mehr und mehr in ein Räderwerk von staatlichen und wirtschaftlichen Sachzwängen einbinden, wobei für Familie und ihre Aufgaben immer weniger Platz bleibt.
Hierzu einige Thesen:
Es ist sicherzustellen, dass Kinderreichtum nicht sozialen Abstieg bedeutet, sondern gesellschaftlich honoriert wird. Dies kann über höheres Kinder- oder Familiengeld, familiengerechtere Steuern, Erwerb höherer Rentenanwartschaften, Familienvergünstigungen bei der Kranken- und Pflegeversicherung, Förderung des familien-gerechten Wohnungsbaus, Unterstützung bei der Kinderbetreuung und –erziehung, Schaffung von Familienferienstätten etc. erreicht werden.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss verbessert werden. Dies heißt nicht Vorrang der beruflichen vor den familiären Aufgaben und deshalb weitgehende Übernahme der familiären Aufgaben durch Staat und Gesellschaft. Die Forderung lautet, dass Familie nicht unter der Berufsausübung leiden darf. Hierzu gehören berufliche Freistellung des erziehenden Elternteils in den frühen Lebensjahren und bei Krankheit der Kinder. Ausreichendes Angebot von Teilzeitbeschäftigungen in Zeiten, in denen die Kinder den Kindergarten oder die Schule besuchen. Ganztagskindergärten und Ganztagsschulen sind wenig hilfreich für das Leben und den Zusammenhalt in den Familien und können nur dort als Notlösungen akzeptiert werden, wo eine ausreichende familiäre Betreuung und Erziehung der Kinder nicht möglich ist.
Zur Forderung nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehört auch die familien-freundliche Gestaltung der Arbeitszeiten. Schichtarbeit, Samstags- und Sonntagsarbeit müssen auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt bleiben.
Die Möglichkeiten zur Beschäftigung von Haushaltshilfen, häuslichem Pflege-personal, Au-pair-Mädchen etc. sollten verbessert werden. Hierher gehört auch die Frage, ob Zivildienstleistende (Warum kein sozialer Dienst für Mädchen?) nicht stärker für familienunterstützende Aufgaben eingesetzt werden sollten.Die Betreuung, Versorgung und Pflege von kranken, hilfsbedürftigen und behinderten Familienangehörigen ist zunächst eine Aufgabe der Familie. Dass die Gesellschaft hier durch soziale Einrichtungen wie Sozialstationen, private Kranken- und Altenpflege familiäre Unterstützung leisten muss, ist eine Selbstverständlichkeit. Es ist auch einsichtig, dass viele Kranken- und Pflegeaufgaben nicht im häuslichen und familiären Bereich geleistet werden können und dass hierfür außerhäusliche Einrichtungen erforderlich sind. Dennoch darf die Tendenz nicht dahin gehen, dass alte, kranke und behinderte Menschen generell in Altenheime, Krankenhäuser und Pflegeanstalten abgeschoben werden. Dass hier, auch wegen der Überalterung unserer Gesellschaft, neben der Kindererziehung ein sozialer Brennpunkt besteht, der noch an Dramatik zunehmen wird, ist leicht einzusehen. Aus eigener Kraft werden unsere heutigen Familien eine menschenwürdige und familiengerechte Behandlung dieser Aufgaben nicht mehr sicherstellen können. Es ist daher, auch unter Berücksichtigung der eingangs aufgezeigten Möglichkeiten zur Verbesserung unserer Alterstruktur daran zu denken, eine Zuwanderung integrationswilliger und integrationsfähiger junger Menschen zu fördern, die bereit und fähig sind, in der häuslichen Kranken- und Altenpflege die erforderliche familiäre Unterstützung zu leisten.
Zusammenfassung und Ausblick
Wenn auch die Familie in ihrer Ausprägung geschichtlichen Veränderungen unterworfen ist, so ist sie doch als natürliche Lebensform zur Weitergabe menschlichen Lebens, zur Erziehung der Kinder und als Lebensgemeinschaft, die am ehesten dem Bedürfnis des Menschen nach Liebe und Geborgenheit gerecht werden kann, für den Einzelnen und für die Gesellschaft unverzichtbar.
Die ehe- und familienfeindlichen Tendenzen in unserer heutigen Gesellschaft haben erhebliche negative Folgen, von denen die Überalterung unseres Staates mit ihren sozialen Auswirkungen die schwerwiegendste ist. Diese Erkenntnis muss zu einem Umdenken bei der Bewertung von Ehe und Familie und zu einer Vielzahl von familienpolitischen Maßnahmen führen, die die Familie in die Lage versetzen, ihre Aufgaben, insbesondere die Erziehung von Kindern und soweit möglich die Betreuung und Pflege kranker und hilfsbedürftiger Familienangehöriger, zu erfüllen, ohne dadurch gegenüber anderen Lebensformen schwerwiegende wirtschaftliche und soziale Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.
Da sich selbst bei einer deutlichen Verbesserung der familiären Rahmenbedingungen die Alterstruktur unserer Gesellschaft zunächst weiterhin verschlechtern wird (global ist die Situation eine andere), kann durch die Zuwanderung junger Menschen die Situation teilweise entschärft werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass eine dauerhafte Integration dieser Menschen in unsere Gesellschaft möglich sein muss. Nichtintegrationswillige oder nichtintegrationsfähige Zuwanderer und fremdenfeindliche Tendenzen in unserer Gesellschaft können sogar zu einer Verschlimmerung der Gesamtsituation führen.
Erfahrungsgemäß entsteht bei einer weiterhin stark wachsenden Weltbevölkerung auf Dauer nirgendwo ein bevölkerungsmäßiges Vakuum. Langfristig ist daher bei einer fortdauernden Abnahme der einheimischen Bevölkerung mit einer vermehrten Zuwanderung zu rechnen. Deren mögliche Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerungssituation in unserem Lande sollen hier jedoch nicht weiter betrachtet werden.